Zugegeben: für manch eingefleischten Hifi-Enthusiasten ist der Computer musikalisch gesehen eine machina non grata. Ein Schicksal, das er mit den meisten mobilen MP3-Playern, Smartphones und iPods dieser Welt teilt. Ein digitaler Paria, eher akustischer Dreckspatz als wohlklingende Amsel. Komprimierte Audiofiles, knisternde Soundkarten, plötzlich aufheulende Ventilatoren, knarzende Festplatten: Nicht nur audiophile Goldohren erschaudern angesichts solcher Folterinstrumente des reinen Klanges. Konsequenz: Die Nabelschnur zur geliebten Hifi-Kette wird verwehrt. Übrig bleibt die akustische Nische: im Büro an preiswerten Computerboxen - oder als vollgestopfter MP3-Leierkasten im Partykeller.
So weit, so gut, so schade – eigentlich! Denn in fast jedem PC oder Windows Tablet schlummert ein Caruso, respektive eine Adele, die nur darauf warten, im Wohnzimmer plastische Gestalt anzunehmen! Eine solche musikalische Auferstehung kann richtig Spaß machen und die Begeisterung für gut klingende Musik neu oder erstmals entfachen. Reifere Semester erinnern sich: zu Analog-Zeiten wurde viel experimentiert mit unterschiedlichen Bandsorten, Aufnahmepegeln und Reinigungsmittelchen für Tonköpfe und Plattenrillen. Chromdioxyd meinte nicht etwa einen korrodierenden Browser, sondern stand für das angesagteste Bandmaterial (sprich: „Band“ nicht „Bänd“!) seiner Zeit.
Die gute Nachricht: Auch für den PC gibt es eine Reihe von Tuningmaßnahmen. Der simpelste Weg, einen handelsüblichen Laptop stimmlich aufzupeppen, wäre an den USB Ausgang einen sogenannten Digital-Analog Wandler (DAC) anzuschließen. Hier gibt es mittlerweile Geräte in der Größe von USB-Sticks, die das Tonsignal in ein hochwertiges analoges Signal „wandeln“ und dann an Hifi-Anlage oder Kopfhörer weiterleiten. Alternativ gibt es für PCs Soundkarten mit entsprechenden Wandlern – vorausgesetzt, im Gehäuse ist dafür ein (Steck)-Plätzchen frei.
Klar sollte jedoch sein: Ist die Musikdatei Murks, beispielsweise weil sie hoffnungslos runterkomprimiert wurde, kann auch der beste Wandler nicht herbeizaubern, was nicht (mehr) da ist. Wer aber seine Lieblings-CD in hoher Qualität (z.B. als WAV, FLAC, WMA, ALAC Lossless-Datei) verlustlos auf den Rechner gezogen hat, wird selbst im Vergleich zu hochwertigen CD-Spielern oft nur schwer einen Unterschied hören.
Zusätzlichen Spielraum ermöglichen diverse Softwareplayer wie Windows Media Player, MediaMonkey, iTunes, J. River, Foobar& Co. Neben unterschiedlichen Design- und Bedienkonzepten bieten einige Player auch die Möglichkeit, die interne Klangsteuerung des PCs komplett zu umgehen, indem sie beispielsweise via Windows Audio Session API (WASAPI seit Windows Vista) die Musikdatei als reinen Datenfluss von Bits & Bytes unverfälscht an den Wandler und Hifi-Verstärker schicken. Für die meisten Player gibt es außerdem eine Vielzahl von Apps, durch die sich die komplette Musiksammlung auf dem PC - oder sonst wo im heimischen WLAN – bequem vom Smartphone oder Tablet steuern und von A nach B streamen lässt: also vom NAS-System auf den PC oder vom PC auf das Smartphone im Garten.
Dem Windows Computer als traditionell offenem Netzwerker ist dabei recht egal, ob er seine Steuerbefehle via Windows Phone, Windows Tablet, Android oder iPhone erhält. Entsprechende Apps gibt es für alle gängigen Plattformen. Wer bei der Fernsteuerung gerne die komplette PC-Oberfläche vor Augen hat, der erhält mit der Microsoft Remote Desktop App einen Zugriff, als säße er direkt vor seinem PC. Natürlich auch hier für unterschiedliche Betriebssysteme und Formfaktoren. Die Richtung, in der die Musik gestreamt wird, lässt sich dabei frei wählen. Ab einem 6 Zoll Bildschirm wie beim Lumia 1520 reicht das schon fast als einzige Remote-App aus.
Offen zeigt sich Windows auch bei der drahtlosen Musikübertragung. Was heißt: Wer zwar Computer und Hifi-Anlage besitzt, aber kaum CDs oder Musik auf dem Rechner hat, der greift alternativ auf einen der vielen Musikstreaming-Dienste zurück (Spotify, Deezer, Xbox Music, WiMP, Qobuz uva). WIMP und Qobuz streamen sogar in CD Qualität. Erfreulich: wer einen der angesagten Musikservices wie Spotify, Deezer, Wimp oder Xbox Music nutzt, kann darauf sowohl via PC, Tablet und Smartphone zugreifen. Viele Streamingdienste laufen mittlerweile auf unterschiedlichen Plattformen, also Android, iOS und Windows Phone. Wer also beispielsweise WiMP Playlisten auf seinem Windowsrechner erstellt, hat diese auch auf seinem Windows Phone oder iPod griffbereit. Alles mobil und alles synchron durch die Cloud.
Eine Möglichkeit, den Computer mal so richtig musikalisch auszureizen, bieten mittlerweile einige Anbieter von Musik in HD-Qualität (Highresaudio.com, HDtracks.de, Linnrecords.com, uva…). Hier lassen sich Musikdateien downloaden, die ein Mehrfaches an Information transportieren als eine herkömmliche CD. Eben HD für die Ohren! Da kann ein komplettes Musikalbum aber auch schon mal einige Gigabyte groß sein – eine Gegenbewegung zu datenreduzierten Formaten wie MP3 & Co. Was mitunter aber auch recht emotionale Sinndiskussionen auslöst, besonders häufig zwischen sogenannten Holzohren („Ich hör da keinen Unterschied“) und Goldohren („Ich höre sogar die Stromqualität in meiner Anlage“). Genügend Raum also fürs Fachsimpeln!
Das Schönste am Computer-Hifi ist aber: einmal angefangen, sind der neu gewonnenen Lust am Tuning und Experimentieren kaum Grenzen gesetzt. Als offene Software-Plattform gibt es für fast alles eine (Netzwerk)-Lösung – egal, ob drahtlos per DLNA, UPnP, Bluetooth oder via proprietären Formaten wie Airplay (Shairport, Airfoil), aber auch „verkabelt“ per USB, optischer Ausgang, Cinch und HDMI. Der Computer ist eben ein Anbandlungskünstler! Wer will, kann mit ihm sogar die leicht zickige Akustik seines Wohnzimmers in den Griff bekommen. Möglich macht dies Software zur Korrektur der Raumakustik (z.B. Dirac oder Acourate). Mit etwas Geduld lässt sich mitunter selbst aus wummerigen Kacheloasen noch ein ganz brauchbarer Konzertsaal berechnen. Obwohl manchmal selbst schon ein Teppich kleine Wunder bewirkt…
Auch die Haptik kommt nicht zu kurz. Wird der Musikplayer auf einem All-in-one Gerät per Touch bedient wird, kann echtes Musikbox und Wurlitzer-Fieber aufkommen. Ist die Bildschirmdiagonale großzügiger gewählt, gewinnen selbst Cover etwas von ihrem früheren LP-Charme zurück.
Zugegeben: für alle diese Vernetzungsszenarien der digitalen Musik bietet die CE und Hifi-Branche hervorragende Multiroom- und Komplett-Systeme oder spezialisierte Einzelgeräte an. Die Wandlungsfähigkeit des Computers ist aber schwer zu toppen. Ich jedenfalls habe hierdurch – viele Jahre nachdem ich mit meinem Vater in den 70ern samstagabends die WDR-Schlagerrallye auf unseren beiden „Poppy“-Tapedecks mitgeschnitten habe – die Lust am bewussten Musikhören samt Experimentierfreude wiedergewonnen.
Vielleicht kein Zufall, dass „mein Caruso“ als wohltemperierter Computer auf dem Klavier steht! Nicht als Einzelkämpfer, sondern als musikalischer Teamplayer: ein Chorknabe in einem Netzwerk mit vielen anderen Komponenten. Offen klingend und offen für neue Entdeckungen.
Ein Beitrag von Robert Blens
Executive Communications Manager bei Microsoft Deutschland